Weihnachten im Odenwald- der Blick des Malers Georg Vetter

Bad König,Weihnachten 2021. Es sind wohl die späten 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts. Schneeweiß eingelullt im Winterkleid des Monats Dezember zeigt sich die Landschaft des Odenwaldes, und mittendrin liegt Georg Vetters geliebter Heimatort König, an dem er immer wieder von seinen nahen und weiter entfernten Wanderungen mit Rucksack und „Stift/Malblock“ zurückkehren wird… Schon im tiefen Wald, aber auch lichtungsdurchsetzt blickt ein stattlicher Hirsch auf jemand zu, als würde er daselbst den Maler erblicken, währenddessen schon ein paar Rehe an einer Futterstelle von Köstlichkeiten (etwa Heu), vielleicht sogar ergänzt mit Kastanien sich ernähren. (Wild-Fütterungen waren ob der langen schneereichen Wintermonate zu jener Zeit bis in die 1960er Jahre hinein generell noch üblich.) Sogar an einem hölzernen Vogelhäuschen gibt es etwas zu naschen für Vetters gefiederte Freunde.

Der Künstler setzt dem ideenreichen Werk bewusst einen Hirten  ausschnitthaft hinzu, als würde dieser auf eine Schafherde blicken. „Und es waren Hirten auf dem Felde, die hüteten die Schafe…“ Georg Vetters künstlerische Symbolik, auf diese Art und Weise „Frohe Weihnachten“ zu wünschen. Bleibt noch der Hinweis, dass im Georg-Vetter-Museum ein breites Spektrum von Vetter-Gemälde-Originalen sich befindet.  (Foto/Gemälde hier: Privatbesitz/Text: RN)

(Heiligabend, 24. Dezember 2021)

 

 

 

Wunderbarer Odenwald-

Anmutend zeigt sich diese winterliche Sicht oberhalb von Bad König ins andere Tal hinab Richtung Fürstengrund und nordwestlich ins Mümlingtal hinein

(Foto: Alexander Körner)

 

Der Bad Königer Bildstock- von Eiben begleitet

Bad König im Odenwald. Was lange währt, wird endlich gut.(Es dauerte schon geraume Zeit, bis die Flora-Fracht ankam, denn man sollte wissen, dass die verschiedenen Baum-Schulen gerade in den letzten Wochen oft verzögerte Lieferschwierigkeiten hatten.) Ein großer Dank gilt der Gärtner-Gruppe des städtischen Bauhofes, welche dieser Tage die Bepflanzung am historischen Denkmal-Stein (Wörther Straße) mit zwei Eiben-Bäumen nunmehr vornehmen konnte und Frau Melanie Weidtmann, die die fachkundige Empfehlung für diese besondere Baumart gab, welche eine gewisse Winterhärte, Robustheit, Standorttoleranz aufweist und womöglich auch regenärmeren Perioden in sicherlich kommenden Hitzejahren vielleicht besser trotzen kann. Erfreuen wir uns auf noch so kleinere Flora-Bepflanzungen in den Wachstumsanfängen (auch für die Sauerstofferzeugung) und achten darauf, dass dieses erweiterte Denkmal-Ensemble („Baum-historischer Stein-Baum“) vielleicht einige Generationen erfreuen könnte.  Etwas mehr- wenngleich auch noch einiges über diesen historischen Bildstock-Stein ungeklärt ist- erfahren Sie auf dieser Homepage: www.hgv-badkoenig.de auf der Seite „Steine-Historie Bad König im Odenwald: Bildstock an der Wörther Straße oberhalb von Bad König“

 

(Heimat- und Geschichtsverein Bad König e.V-18. Dezember 2021)

 

 

 

(Foto: RN)

 

 

Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Landrat a.D. und Odenwald-Forscher Horst Schnur (Olfen), 29.12.2021: Themenbereich „Vorgang des Wetzens an Bildstöcken“:

Vorkommen und Spuren des Wetzens im Odenwald

aus Horst Schnur: Steinmehl als Heilmittel. Versuch einer Annäherung an Volksglauben und Volksmedizin im Odenwald. Eigenverlag, Olfen 2017. ISBN 978-3942215-11-4

Seite 68   (Empfehlenswerte Lektüre)

 

 

… Kehren wir zum Vorgang des Wetzens von Steinmehl an Bildstöcken zurück, so finden wir ein Beispiel aus dem Jahr 1608, einer Epoche, in der die Grundsätze der Reformation in der evangelischen Grafschaft Erbach durchgesetzt wurden. Hier sind Wetzrillen seltener als andernorts in den römisch-katholischen Regionen, was damit zusammenhing, dass weder die reformierten Landesherren noch in deren Auftrag die Vertreter der Kirchen das volksübliche Brauchen mit Steinmehl geduldet oder gar gefördert haben.

 

Ein Bericht über die Zerstörung eines Bildstocks mit Wetzspuren in (Bad) König auf Anordnung der Obrigkeit ist sowohl ein Beleg für die rigide Abwehr von Aberglauben nach der Reformation und zehn Jahre vor Beginn des 30-jährigen Krieges, als auch der älteste Beleg für die Verwendung von Steinmehl bei der Heilung von Viehkrankheiten im Odenwald. Er findet sich im Schriftverkehr von Graf Friedrich Magnus von Erbach (1575-1618), der an seinen „Amptmann und Keller zu Michelstatt“ Michael Scherffer von Scherffenstein (1564-1625) und Bernhart Canzler im Jahr 1608 gerichtet ist. Zugleich wird so ein Zusammenhang von Aberglauben und Abgötterei und Wetzen an einem Bildstock in König, dem heutigen Bad König, hergestellt.

Im März-April-Heft 1924 von „Volk und Scholle“ und in „Die Heimat“ Nr. 4 von 1925[1] findet sich die Mitteilung „Wie Bildstöcke verschwanden“. Ein Bildstock, der vor König i. O. stand, wurde auf Anordnung des Grafen Magnus von Erbach ausgegraben, in kleine Stücke zerschlagen und in die Mümling geschüttet, weil jener gehört hatte, was die Untertanen zu König an „hochsträfliche Abgötterei und schändlichen Mißbrauch“ trieben.[2]

Heinz Bormuth zitiert die damals noch im Original bekannte und offensichtlich in der Bombennacht 1944 vernichtete Urkunde[3]: „Was unsere Underthanen zu Künich [König] vor hochsträfliche Abgötterey und schandtlichen misbrauch des allerheiligsten Namen Gottes mit und bey deme steinern Bildstock, so vor dem Dorf! an der Straß stehet, treiben, in deme sie in der opinion und persuasion [Meinung und Überzeugung] stehen, wann ihnen Pferde oder Viehe krank werden, und sie dieselbige im Namen der heiligen Dreyfaltigkeit umb berührten Bildstock herumb füren und dann ein stücklein von demselben herabschlagen, klein zerstoßen und es dem kranken Viehe eingeben, das es demselben wird zu gesundheit helffe und solle solcher misbrauch und teufliche persuasion schon lange gewehret haben, wiewol unser ganz unwissendt.“

 

Um diesen offenbar recht alten Brauch ein für alle Mal zu unterbinden, ordnete der Graf in seinem Schreiben vom 16. Decembris 1608 an, die ganze Gemeinde müsse den Bildstock ausgraben, in kleine Stücke zerschlagen und diese in die Mümling schütten:

„Wann dann unß als einer Christlichen Obrigkeit Ampshalben obliegen und geburen wil, alle Abgötterey und schandlichen misbrauch des Namens Gottes abzuschaffen: So ist hiermit unßer befelch, das ihr morgenden Tages euch neher Künich verfueget, die Gemeinde zusammen erfordert und mit allem Fleiß und ernst von ihnen erforschet wer sie anfengelichs zur solcher opinion bracht und beredet, wie lange es sey, das es geschehen ob es der verstorbene Pfarrer gewist, und sie in den Predigten und Verhören nit verwarnet und darnach abgehalten. Darbey ihnen unßertwegen anmeldet, das wir uns zu ihnen, als denen das Evangelium und seligmachende wort Gottes muß so lange und viel Jahr rein und lauter gepredigt werden, nit verstehen, das sie solchem Abgöttischen zauberischen Narren- und Teuffelswerk nachhingen glauben zustellen und sich darzu bereden haben laßen sollten, wo sie unß auch den Authoren und ersten anstifter dieses Teuffelswerk nit namhafft machen würden, solten sie die ganze Gemeind von uns deswegen mit ernster straff angesehen werden, wie wir dann uns dieselbe einen weg als den anderen vorbehalten haben wollten.

Wann solches verrichtet, solltet ihr und neben der ganzen Gemeinde zu abgesetztem Bildstock euch verfügen, denselben aus der erden graben, zu kleinen stücken zerschlagen und durch sie die Pauern in die Mümpling do sie am tieffsten schütten laßen und mit Fleiß zu sehen, daß nichts davon übrig bleibe oder von den Pauern vertuscht und zurückbehalten werde. Hirnach ihr euch zu richten und zu verhalten.“[4]

 

Die Anweisung des Grafen Friedrich Magnus von Erbach wurde offensichtlich befolgt. Heute erinnert nur noch der Sockelstein an das alte Mal, das „so vor dem Dorf an der straß stehet“.[5] Der Standort war wahrscheinlich an der nach Osten ziehende Wörther Straße, zwischen der Karl-Weyprecht-Schule und dem Umspannwerk, in der Flur 15 mit der Bezeichnung „Pfarrgewann“. Der Sockelstein war später weiß getünscht und trug ein schwarzes Metallkreuz.[6]

 

Wilhelm Glenz aus Fürstengrund führt in seinem Beitrag in der Heimat Nummer 12 von 1932[7] zu den abergläubischen Vorstellungen der Einwohner von „Künich“ der damaligen Zeit aus, wie sie ihr krankes Vieh um jenen steinernen Bildstock jeweils drei Mal herumtrieben und dabei irgendeinen passenden Zauberspruch hersagten. Er zitiert dazu den von Pfarrer Dr. Friedrich Haupt in Rimhorn aufgezeichneten Zaubersegen:

„Wenn eine Kuh aufgelaufen ist.

Schwarz-braune Kuh, hast du dich übernommen,

Wie Christus, der Herr, ans Kreuz ist gekommen,

Hats dem nichts getan wirds Dir auch nichts tun!

Im Namen Gottes des Vaters †, des Sohnes † und des hl. Geistes †.“

Nach dieser abergläubischen Handlung sei der Bauersmann mit seiner kranken, schwarzbraunen Kuh wieder heimgezogen. „Zuvor aber schlug er sich ein Stückchen von dem Bildstock ab, wovon dann zu Hause das Steinmehl hergestellt wurde. Dieses sogenannte Steinmehl wurde dann – vielleicht auf Anordnung eines Zauberers, Hexenmeisters, Geister- oder Teufelsbeschwörers, deren es im Odenwald zu damaliger Zeit einige gab – zu einem Zaubertrank benutzt, der dem kranken Vieh eingeschüttet oder unter das Futter gemengt wurde.“

Das schreibt Wilhelm Glenz und fährt fort: „So empfiehlt z. B. Albertus Magnus[8] in seinen ,bewährten und approbirten sympathischen und natürlichen egyptischen Geheimnissen für Menschen und Vieh‘ […] Mittel gegen inneren Brand beim Vieh“ mit einer kuriosen Mixtur aus frischer Asche, Schießpulver und Kuhmilch.

Wie immer man zu dieser religiösen Zauberei insbesondere der damaligen Zeit stehen mag: „Der gräuelhafte Missbrauch des göttlichen Wortes, die schauderhafte Karrikierung, ja Verhöhnung der ehrwürdigsten Heilsthatsachen“, wie Pfarrer Haupt einmal sagte, musste von einer ,christlichen Obrigkeit‘ unbedingt bestraft werden,“ stellt Wilhelm Glenz fest. Vor allem sollte die reformierte Religionslehre durchgesetzt werden.

 

Zu den wenigen Wetzrillen an sakralen Bauten im Odenwaldkreis zählen die zarten und lediglich angedeuteten Schabestellen an der historischen, nach Osten ausgerichteten Friedhofskapelle in Bad König. An der linken Türlaibung aus Sandstein des Kapellenanbaus der spätgotischen Vorhalle aus dem Jahre 1514 finden sich auf Brusthöhe innen und außen recht zarte, senkrecht und waagerecht angeordnete Rillen, die man mit aller Vorsicht dem Brauch der Steinmehlgewinnung zuordnen kann. Ein markanter Ausbruch an der Türlaibung lässt sich bei Betrachtung der Gestalt nicht als Vertiefung durch Wetzen anerkennen. Auch die runden Vertiefungen sind eher als Verwitterungsspuren denn als Wetznäpfchen zu deuten und lassen nicht auf eine intensive Gewinnung von Steinstaub schließen.

Die Kapelle besteht aus einem rechteckigen Langhaus und einem ebenfalls rechteckigen, eingezogenen Chor, der Spuren einer nachträglichen Verlängerung aufweist. Sie hat bemerkenswerte renovierte Fresken im Innenraum. Ein monolithisches Fenster in der Südwand und ein vermauertes Portal mit Dreieckssturz ließen einige Forscher annehmen, dass der Kernbau karolingischen Ursprungs ist und aus dem ersten Viertel des 9. Jahrhunderts stammt. Damit wäre diese Friedhofskapelle nach der Einhardsbasilika in Michelstadt-Steinbach, die im Jahre 827 geweiht wurde, der älteste Kirchenbau im Odenwald, wobei die Kapelle Arnheiden in der Breuberger Rosenau nicht vergessen werden darf. Die zu bemerkenden Wetzrillen an der Vorhalle und der diesbezügliche Nutzungszusammenhang müssen der Zeit vor der Reformation zugeordnet werden. Dass in der damaligen Epoche bereits gewetzt wurde, ist anzunehmen, da die geschilderte Vernichtung des Bildstockes im Jahre 1608 eine recht intensive Gewinnung von Steinmehl voraussetzt. In der Zeit nach der Reformation mit ihren strengen Glaubensregeln gegen den geübten Heilzauber mit Steinmehl dürfte dieser Brauch des Wetzens nachgelassen haben.

 

22 Foto: Ansicht der Friedhofskapelle Bad König

23 Jahreszahl über der Eingangstür der Vorhalle

24 Wetzrillen an der Türlaibung der Vorhalle

 

In Kleinheubach am Main, am Ostrand des Odenwaldes, findet sich ein weiteres Beispiel eines Bildstocks, an dem gewetzt worden ist.

Unbeschadet hat dieser Bildstock am Eingang des Löwensteiner Schlossparks von Klein-Heubach die Spannung zwischen Aberglauben und dem Vertrauen auf die Erfahrungen der Volksmedizin durch den Wechsel der Zeiten überstanden. Dieser Bildstock aus Sandstein, der ursprünglich am Kreuzweg gegen Laudenbach stand, ist an seiner aufgehenden Säule ebenfalls rundgewetzt und lässt die Kanten nur noch erahnen. Welche Heilungsphilosophie und -erwartung mit dem Wetzen und der Gewinnung des Steinmehls an diesem Ort verbunden war, entzieht sich unserer Kenntnis.

Wann der Bildstock ehedem am Weg nach Laudenbach errichtet worden war, wäre zu erforschen. Welcher Anlass der Errichtung zu Grunde lag, sofern sich Daten finden lassen, wäre ebenso von Interesse aufzuklären. Wann und in welchem Zusammenhang er in den Schlosspark versetzt wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Wie die Entstehung der Wetzspuren zu erklären ist, ob am alten Standort oder im Park, gibt noch Rätsel auf. Ob sich ein Zusammenhang aus den bekannten Daten ergibt, ist zugegebenermaßen spekulativ, aber gleichermaßen interessant.

Auf der Rückseite des Bildstocks ist eine Erklärung für den Ursprung des Mariengemäldes, das das Häuschen ziert, in Stein gemeißelt.

Agnes (Ines?)

Prinzessin zu Löwenstein

seit 21. Nov 1887

Benediktinerin in

der Abtei St Cecilia

in Solesmes hat

dieses Jesuskind

für diesen alten

Bildstock gemalt,

der früher am Kreuzweg gegen

Laudenbach stand

 

25 Bildstock, gewetzt, Schlossgarten von Klein-Heubach

26 Bildstock, Schlossgarten von Klein-Heubach Wetzspuren

27 Rückseite des Bildstocks mit Inschrift

 

Damit wird erklärt, dass das Gemälde von Agnes Prinzessin zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (*22.12.1866 in Kleinheubach, † 23.01.1954 im Alter von 87 Jahren) gemalt wurde. Als Schwester Ines war sie Nonne im Benediktinerinnenkloster L’Abbaye Sainte-Cécile bei Solesmes, zwischen Le Mans und Angers in Frankreich. Dort war ihre Halbschwester Benedicta aus erster Ehe ihres Vaters unerwartet am 2. Juli 1896 im Alter von nur 36 Jahren gestorben. [9]

Sie sollte die erste Äbtissin werden.

Die Eltern von Agnes waren Fürst Karl Heinrich Ernst Franz zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (* 21.05.1834, † 08.11.1921) und seine zweite Frau Sophie Prinzessin von und zu Liechtenstein (1837-1899). Mit ihr hatte er acht Kinder. Als Witwer wurde er Dominikaner und lebte unter Verzicht auf alle Titel bzw. Ämter im Kloster. Er war Reichstagsabgeordneter und langjähriger Präsident des „Kommissariats der Deutschen Katholikentage“. Mit den Bischöfen Peter Joseph Blum von Limburg und Dr. Karl Klein plante er in Rüdesheim am Rhein das untergegangene Kloster der heiligen Hildegard von Bingen wiederzubeleben. Der Fürst, dessen Haus die fraglichen Ländereien durch den Reichsdeputationshauptschluss im Jahr 1803 zugefallen waren, scheute für die Wiedererrichtung des Konvents keine finanziellen und persönlichen Opfer. Im Jahr 1900 erfolgte die Grundsteinlegung des Benediktinerinnenklosters in Eibingen bei Rüdesheim im neoromanischen Stil. Bereits 1904 wurde die Abtei St.Hildegard von den ersten Nonnen bezogen. Fürst Karl von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg gilt als ihr Stifter. In der Pfarrkirche von Eibingen befinden sich die Reliquien der Heiligen Hildegard von Bingen (* 1098; † 1179), die als Benediktinerin, Heilige, Kirchenlehrerin und bedeutende Universalgelehrte ihrer Zeit angesehen wird. Sie gilt als erste Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters. Ihre Werke befassen sich mit Religion, Medizin, Musik, Ethik, Kosmologie und den Heilkräften der Natur. Auch wenn es gewagt erscheint, kann man die Frage stellen, ob das Vertrauen in die Heilkraft des Steinmehls eines Bildstocks mit der Einbindung derart verehrungswürdiger Persönlichkeiten von den Gläubigen und den durch Volksmedizin wieder Heilung suchenden Kranken eine Erklärung bietet. Mag sich jemand scheuen, die Heilige als Braucherin zu bezeichnen, so können ihre Heilungsmethoden durchaus diese Bezeichnung zulassen. Bekanntermaßen weiß man, dass Glaube auch Berge versetzt.

 

Auf der Olfener Höhe nahe der Kreisstraße 47 nach Güttersbach steht ein etwa drei Meter hoher, undatierter Bildstock aus Sandstein, das „Olfener Bild“. Er steht an der Kreuzung des von Norden kommenden Postkutschenweges nach Beerfelden, entlang den E-G-Steinen aus der Zeit der Grafschaftsteilung von 1544 und dem über den Kirchberg verlaufenden Pilgerweg der historischen Pfälzer Wallfahrt nach Walldürn und Schöllenbach. Der Bildstock mit Häuschen hat im unteren Teil einen gestuften Schaft und im Mittelteil Fasen, wie man gebrochene Kanten in der Werksprache bezeichnet.

Das Häuschen mit tiefer, aber leerer Bildnische und steilem Dach ist auf der rechten Seite an Dach und Wand durch Abschläge beschädigt. Diese Beschädigung wurde gelegentlich mit der Vermutung des Wetzens in Verbindung gebracht. Bei näherer Betrachtung stellt man jedoch keine glatten Wetzspuren fest und muss diesen Vorgang in 2,50 m Höhe auch für außerordentlich schwierig halten. Wetzspuren sind andernorts meistens auf Brusthöhe anzutreffen. Daher wollen wir die Annahme verwerfen, dass am Olfener Bild gewetzt wurde, wenngleich der Standort am Weg von Olfen zum Güttersbacher Friedhof liegt und der Treffpunkt der Wallfahrer durchaus den Gedanken als naheliegend zulassen würde.[10]

Bei der Abwägung soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass Braucher ganze Steinstücke aus den als heilkräftig erkannten Sandsteinen geschlagen haben, um daraus zu Hause Steinpulver herzustellen und zu vertreiben. Der Hinweis auf Hexen am Olfener Bild  ist ohne Zweifel nicht ursprünglich, sondern wohl nachträglich und recht spät zugeordnet worden, wie auch Mößinger 1962 vermutet.[11]

28 Olfener Bild, Foto Horst Schnur

 

Verwiesen sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber auf die bereits erwähnten Wetzrillen am Portal der katholischen Pfarrkirche St. Peter in Heppenheim, genannt der Dom der Bergstraße, an der Königstorhalle in Lorsch, am Brückentor in Heidelberg, an der Wallfahrtskapelle in Dieburg, am Dom in Worms und Mainz und an die Wetznäpfe an der Quellkirche Amorsbrunn.[12]

 

 

[1] Meyer, Erwin: Zusammenstellung von Steinkreuzen und Bildsteinen in Hessen, in: Die Heimat, Beilage zum „Centralanzeiger für den Odenwald“ – Erbacher Kreisblatt – Nr. 4; Erbach, 1925, S. 16 (Nachschrift der Redaktion. Wie Bildstöcke verschwanden.)

[2] Müller, Karl Theodor Christian: Heilige Steine und Viehkrankheiten, in: Volk und Scholle, 4. Jg. 1926, H. 12, S. 380. Siehe auch: Buxbaum, Philipp: Lebendige Vorzeit rechts und links von Mümling und Itter, in: Die Heimat Nr. 3, 1953; ohne Quellenangabe zur Vernichtung des Bildstocks in König.

[3] Akten des Staatsarchivs zu Darmstadt, Abt. XIII, 1. Conv. 32. Rolf Reutter hat jüngst die Signatur und die Akte im Staatsarchiv nicht mehr gefunden. Wahrscheinlich ist die gesuchte Urkunde 1944 verbrannt. An ihre Stelle (Nr. 32/1) ist eine ähnliche von 1736 getreten: HStAD E 13 Nr. 1673: Einen oberhalb Bermuthshayn, in dem Amt Nidda in Stücken geschlagenen Gräntz-Stein, so Hessen Darmstadt, Ysenburg und Stollberg scheidet, 1736

[4] Glenz, Wilhelm: Wie der steinerne Bildstock zu König wegen Abergläubiger Verehrung im Jahre 1608 verschwand und in die Mümling versenkt wurde, in: Die Heimat, Beilage zum „Centralanzeiger für den Odenwald“ – Erbacher Kreisblatt – Nr. 12; Erbach, 16. Dezember 1932

[5] Siehe auch hierzu: Mößinger, Friedrich: Was uns der Odenwald erzählt. Bd. 3. Darmstadt 1955, S. 197. Ohne Quellenangabe!

[6] Bürgermeister Uwe Veith und Reinhold Veit vom Heimat- und Geschichtsverein Bad König kennen den Stumpf des Bildstocks (Anmerkung: …  in Bad König) und seine Geschichte. Nach ihrer Mitteilung gegenüber dem Verfasser wurde das Kreuz vermutlich beim Bemähen des Hanges abgerissen, weil die Böschung links oberhalb des Entwässerungsgrabens der Wörther Straße total zugewachsen war.

[7] Glenz, Wilhelm, a.a.O., Anm. 77

[8] Albertus Magnus: Bewährte und approbirte, sympathetische und natürliche egyptische Geheimnisse für Menschen und Vieh. Erster bis vierter Theil (Tl. 4 mit abweichendem Titel: „Das Buch der Geheimnisse“. Louis Enßlin, ca. 1850 u. 1852. Taschenbuch Verlag: Edition Geheimes Wissen, 1. Januar 2008

[9] L’Abbaye Sainte-Cécile von Solesmes ist ein Benediktinerinnenkloster nahe dem Ort Sablé-sur-Sarthe im Dreieck der Städte Laval, Le Mans und Angers am Fluss Sarthe, gegründet 1866 von Dom Prosper-Louis-Pascal Guéranger OSB (Ordo Sancti Benedicti für Orden des hl. Benedikt) (*1805, † 1875)

[10] Schnur, Horst: Olfen, Geschichte eines Dorfes, Beerfelden-Olfen 1986, S. 91

[11] Mößinger, Friedrich: Bildstöcke im Odenwald, 1962, S.35

[12] Im Odenwald gibt es zahlreiche Quellkirchen, die mit Kinderwunsch und Taufen in Verbindung gebracht werden. Bekannt ist die Quellkirche Schöllenbach. Das Gräfliche Haus Erbach bleibt der Sitte der Väter treu und holt bei der Spendung des Sakramentes der Taufe in der Familie das geweihte Wasser aus dem heiligen Brunnen zu Schöllenbach. Unter der Güttersbacher Kirche entspringt eine Quelle, die heute neben dem Gasthaus „Zum Löwen“, Hüttenthaler Straße 49, als Kirchbrunnen austritt und Kilians- oder Kindelsbrunnen genannt wird. Sofern dort Wetznäpfe zu finden waren, sind diese sicher nach der Reformation und dem Ende der Wallfahrten zu diesen Brunnen verlorengegangen…

 

 

Allmählich einsetzender Sonnenuntergang oberhalb von Bad König im Odenwald im Januar-Winter 2022

(Foto: HGV Bad König e.V.-RN- 10.01.2022)

 

 

———————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————–(Stand: 11. Januar 2022)

 

 

König im Odenwald. Es waren vermutlich die bevorstehenden Weihnachtstage des Jahres 1929, als Bad Königs großer Heimatmaler Georg Vetter (1891-1969) dieses Weihnachtsmotiv in einem Postkarten-Format entwarf, dies neben einigen anderen wunderschönen Motiven (Karte hier: Dr.med.Ulrich Herrmann): Zwei Kinder blicken erwartungsvoll durch die einen schmalen Türspalt geöffnete höhere Tür mit einem Kätzchen als Begleitung zusätzlich aufmerksam dreinblickend, wobei die Andeutung des mit Kugeln geschmückten Tannenbaums im beleuchteten Zimmer zu erkennen ist: „Was wird das Christkind wohl bringen?“ Im geschichtlichen Hintergrund der Endphase der Weimarer Republik fiel höchstwahrscheinlich Vieles nicht so üppig aus in jenen umwälzenden Zeiten. Und das diesjährige Weihnachten 2021: Vielleicht sollten gerade die kommenden Feiertage auch Besinnen und Nachdenken neben dem Schenken dabei haben! (Anmerkung: Bei weiteren Vetter`schen Karten-Motiven- auch postalisch zum Versenden- fragen Sie bitte bei Frau Traudel Urich,Georg-Vetter-Museum/ Vetter-Freunde Bad König bzw. bei der hiesigen Literaturhandlung Paperback nach.)

 

Presse:

„Vorfreude auf Weihnachten mit dem unvergessenen Georg Vetter“ (Quelle: Bad Königer Stadtnachrichten vom Freitag, 17.12.2021, Seite 41)