Bad König-Zell-Etzen-Gesäß-Historie: Gab es direkte Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges bzw. am Ende dessen auf die Eisenbahnstrecke von König, Zell oder Etzen-Gesäß?
Um den Bahnstrecken-Abschnitt Höhe Zell- (Bad) König- Etzen-Gesäß und der „Bruchmühle“ Ende des Zweiten Weltkrieges
Bad König-Zell- Etzen-Gesäß. Die Vergangenheit entlässt uns nicht, und das Kriegsende (Zweiter Weltkrieg) ist schon 76 Jahre her. Ende Oktober 2021 wurde der HGV-Vorsitzende Reinhold Nisch von einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut angerufen, dem sich weitere Korrespondenzen anschlossen. Der Grund: Das Institut BOMBS AWAY mit Zentralsitz in Uetrecht/NL hat quasi Daueraufträge der Deutschen Bahn erhalten, um zu erforschen, wo auf den Streckennetzen in Mitteleuropa während des Zweiten Weltkrieges oder am Ende dessen Luftangriffe stattfanden, wie die Wissenschaftlerin Tabea Tischer informierte. Man will nämlich eine annähernde Sicherheit gewinnen, wenn Streckenarbeiten eines Tages erfolgen sollen. So war die Anfrage- und hier wurden alle Damen und Herren des HGV-Vorstandes sowie auch . weitere Damen und Herren aus der Mitgliedschaft sowie Bürgerinnen und Bürger eingebunden, die auch auf Grund ihrer Lebensbiografien etwas darüber wissen könnten. Es handelt sich hier um den Bahnstreckenabschnitt (Bad) König. Wir haben aber bei den begonnenen Recherchen auch die damals selbstständigen Gemeinden Zell und Etzen- Gesäß eingebunden, da auch hier die Bahnstrecke durchführt(e).
Bisheriges Ergebnis: Es gab (vermutlich) keine direkte Zerstörung des hier genannten Streckenabschnittes! Bisher wurden dazu auch die älteren Bad Königer Herren Georg Lautenschläger, Ludwig Löb, Kurt Ziegler, der sich zufällig am Volkstrauertag 2021 in Bad König befindliche Ex-Bad Königer Karlheinz Spatz und die Bad Königer Bürgerin Ria Koch befragt. Dazu gab weitere Hinweise der nun in Berlin lebende Heimatforscher und Ex-Etzen-Gesäßer Dr. Johann Heinrich Kumpf.
Fazit: Es gab schon Mündungsfeuer von Tieffliegern Ende des Krieges: So wurde hierbei eine Königerin in der Frankfurter Straße verletzt, wobei diese einen Finger verlor: Es war die damalige Hebamme von König (Bericht Karlheinz Spatz).
Aussagen von Dr. Kumpf (Berichte über Eltern und Großeltern) und Kurt Ziegler kommen zu einer gewissen Deckungsgleichheit: Tiefflieger-Beschuss gab es schon zwischen Etzen-Gesäß und Mümling-Grumbach (vielleicht auch wegen einer nahe des Mümling-Überganges vorhandenen Fabrik. Jedenfalls wusste Kurt Ziegler davon, dass ein Mann „namens Wirt mit Nachnamen“ umkam- natürlich lokal alles in Sichtweite der Eisenbahnlinie. Nach Heinz Kumpf gab es auch „Lufteinwirkungen“ in der Gemeinde Zell (Königer Straße) nahe der Bahnlinie , wo 1945 Jagdbomber einen Wehrmachts-Lkw in Brand setzten (mit starker Hitzeentwicklung und explodierender Munition): Der Schuppen vom Anwesen Johann Joseph brannte ab, das Gebäude an sich konnte wie durch ein Wunder durch die Zeller Wehr geschützt werden. Sollte aus der Bürgerschaft Bad Königs und den Stadtteilen jemand weiteres wissen, so kann man sich bitte bei allen HGV-Vorstandsmitgliedern melden, auch über mail@hgv-badkoenig.de Vielen Dank dafür im Voraus!
(Stand: 19.November 2021)
Erweiterte Erkenntnisse in punkto „Luftangriffe im mittleren Mümlingtal“:
Luftangriffe im Abschnitt „Zell -(Bad) König- Bruchmühle/Etzen-Gesäß März 1945 bzw. auch April 1944 am Bahnhof Mümling-Grumbach“
Im Mümling-Boten vom 19. November 2021 bzw. Bad Königer Stadtnachrichten vom 26. November 2021 erschien der Artikel „Gab es direkte Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges auf die Eisenbahnstrecke bei Zell, Bad König und Etzen-Gesäß?“ Anlass war eine Untersuchung dieses Streckenabschnittes durch das Forschungsinstitut „Bombs away“ (Uetrecht/Niederlande) im Auftrage der Deutschen Bahn. Dass diese aktuellen Forschungen auf Grund der Vergangenheit der Jahre 1944 und 1945 durchaus ihre Berechtigung haben, erfuhr man am 1. Dezember 2021 durch eine Fliegerbombe aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges , wobei der Blindgänger auf einer Baustelle der Deutschen Bahn entlang der Bahnstrecke explodierte, die unmittelbar zum Münchener Hauptbahnhof führt (Bericht „tagesschau“ vom 01.12.2021/20 Uhr-Sendung). Eine schnelle Operation hatte einem schwerverletzten Bauarbeiter das Leben gerettet- und drei weitere Personen wurden zusätzlich noch verletzt. Zurück zu unserer Bahnstrecke im Odenwald: „Bombs away“ hatte mittlerweile am 17. November 2021 diesbezüglich seine Recherchen abgeschlossen. Die Forscher berufen sich auch auf Archiv-Unterlagen der amerikanischen Luftstreitkräfte in den USA selbst. Demnach waren unter Umständen doch mehrere Flugzeuge am 24. März 1945 über dem großflächigen Luftraum hier unterwegs.
Zu vermuten ist auch, dass noch von mehreren Flugzeugen (eventuell aus der P-47er-Klasse) aus der Luft observiert wurde, ob irgendwo militärischer Widerstand war. Aus anderen Berichten wissen wir, dass an der „Bruchmühle“ (bei Etzen-Gesäß) in diesem Zeitraum auf ein deutsches Militärfahrzeug (Höhe spätere „Parkett-Manufaktur Stockert“ vor dem unbeschrankten Bahnübergang) auch von der Luft aus geschossen wurde, wobei auch im Nahbereich dadurch das Gleis beschädigt wurde, wie an drei weiteren Stellen (in der unbekannten Lokalisierung). Ferner ist davon auszugehen, dass doch Waggons mit Frachtladung beobachtet und beschossen wurden.
Ob dieser März 1945-Termin im direkten Zusammenhang steht mit den Berichten von Ria Koch aus Bad König (zum Beschuss auf das Anwesen und den Schussverletzungen bei zwei Personen in der Frankfurter Straße) und auch Berichten von Karlheinz Schäfer *(ebenfalls Bad König, der sogar bei Gartenarbeiten zwischen Linden- und Kimbacher Straße im Jahre 1980 ein Projektil.50 BMG aus einem schweren Bordmaschinengewehr fand), wo sicherlich auch „Fliegerspuren“ entlang des Kimbach Richtung Osten vermutet werden können, lässt sich aber nicht mit allerletzter Bestimmtheit datieren und auch ursächlich lokalisieren.
Faktisch belegt ist aber der Hinweis, dass es schon im April 1944 am Bahnhof in Mümling-Grumbach beim Halt des Vormittag-Zuges Stuttgart- Frankfurt am Main (es gab damals nur je ein Morgen- und ein Abendzug dieses Verbindungsstranges) beim Ausstieg der Reisenden eine Tiefflieger-Attacke bei Ausstieg gab, wobei ein Reisender durch Bord-Beschuss tödlich getroffen wurde. Der Getötete wurde dann vom damaligen Bahnhofsvorsteher Kiehl zunächst im Gepäckraum des dortigen Bahnhofes aufgebahrt, bis dieser Mann hier im Odenwald seine letzte Ruhe fand, wie des Bahnhofsvorstehers Sohn Walter Kiehl (Mümling-Grumbach), damals selbst etwa 14/15 Jahre alt, jüngst fernmündlich berichtete.
Fazit: Interessant ist für die lokalhistorische Forschung, dass immer noch nach mehr als einem Dreivierteljahrhundert einzelne Details über das Kriegsjahr 1944 bzw. die ersten Monate 1945 hier an unserem „Mümlingtal-Bereich“ zutage gefördert werden können. Irgendwann wird der „Oral-History-Effekt“ (mittels Zeitzeugen-Nachkommen-Berichterstattung) diesbezüglich unwiderruflich verloren gehen.
Aufzeichnungen: Reinhold Nisch, für den Heimat- und Geschichtsverein Bad König e.V.
(Stand:12.Dezember 2021)
* Projektil . 50 BMG, gefunden 1980 von Karlheinz Schäfer (Bad König)- Foto/Screenschot HGV Bad König e.V.
Presse:
Odenwald-Historie: Gab es direkte Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges auf die Eisenbahnstrecke bei Zell, (Bad) König und Etzen-Gesäß? Ein Institut forscht darüber im Auftrag der Deutschen Bahn“ (Quelle: „Mümling-Bote“ vom 19. November 2021, S. 3)
„Luftangriffe im Abschnitt „Zell- (Bad) König-Bruchmühle/Etzen-Gesäß März 1945 bzw. auch April 1944 am Bahnhof Mümling-Grumbach“ (Fortsetzung/Schluss) (Quelle: Mümling-Bote vom 4. Februar 2022, S. 6)
„Gab es direkte Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges auf die Eisenbahnstrecke bei Zell, (Bad) König und Etzen-Gesäß? Ein Institut forscht darüber im Auftrag der Deutschen Bahn“ (Quelle: Bad Königer Stadtnachrichten vom Freitag, 26. November 2021-Nr. 47, S.7)
„Zusätzliche Erkenntnisse in punkto „Luftangriffe im Mümlingtal“ (Quelle: Bad Königer Stadtnachrichten vom Freitag, 17. Dezember 2021-Nr. 50, S. 19f.)
Mümling-Bote vom 04.Februar 2022
Zur Geschichte der Odenwald-Bahnlinie ist auch ein lesenswertes Buch u.a. vom ehemaliger Bad Königer Walter Kutscher (Babenhausen) im Jahre 2021 erschienen, erhältlich auch bei Literaturhandlung paperback Bad König und Umstädter Bücherkiste.
Buchpublikation „Die Odenwaldbahn- Reiseberichte aus 150 Jahren“ (Hrsg. Klaus Mahla und Ralf Schimpf) mit den Autoren Walter Kutscher- Dr. Wolfgang Schütz- Arnold Straub- Dr. Tilmann Wittig (Umstädter Museums- und Geschichtsverein e.V. – Groß-Umstadt 2021, 2.Auflage,116 Seiten (ISBN 978-3-945765-28-9) 22,00 Euro
Titelbild: Bahnhof Bad König im Odenwald zu Beginn der 1960er Jahre
Link https://www.vrm-lokal.de/online/150-jahre-eisenbahn-im-odenwald_24967026.htm