HGV-Veranstaltung im Rahmen des großen Stadtjubiläums (1200 Jahre Bad König) – erfolgreicher Erzählabend Wie es damals war aus drei Nachkriegsjahrzehnten

Erfolgreicher „Wie es damals war“-Abend als Retrospektive in das Bad König der ersten drei Nachkriegsjahrzehnte

Bad König. Man konnte es kaum glauben, aber der große Saal in der Rentmeisterei war am Mittwoch, 19. April 2017, vollends gefüllt, als der Heimat- und Geschichtsverein Bad König e.V. im Rahmen der städtischen Jubiläumsfeierlichkeiten (1200 Jahre Bad König) seine historische Rückblende ins nunmehr zeithistorische Bad König präsentierte, gut vorbereitet auch von HGV-Vorstandsmitglied Reinhold Veit, der eine zu den einzelnen Beiträgen der Akteure – den „Kinnicher Urgesteinen“ Katharina Haase, Walter Arndt, Ilse Süßner und Traudel Urich- passende Revue an historischen Aufnahmen Bad Königs erstellte, massiv unterstützt in der Organisation, Vorbereitung und Durchführung dieses Bad König  – Abends von Renate März und Alexander Körner. Ein Dank gilt auch an die Stadt für die Saalvorbereitungen.

In der Einleitung deutete Reinhold Nisch mittels der ersten Bad König-Gemälde der Landschaftsmaler Johann Rudolph Follenweider aus Basel/Schweiz (gemalt Ende des 18. Jahrhunderts) und des in Alzey/Rheinhessen geborenen und dann später in Darmstadt wirkenden Carl Seeger (Gemälde von 1843) schon von daher die besondere Einzigartigkeit Bad Königs: Beide Künstler hatten im Odenwald – näher im Gebiet des heutigen Odenwaldkreises – vermeintlich kein zweites Kunstwerk geschaffen.  Die Forschung darüber bleibt spannend.

Und gleich im Anschluss zeigte Reinhold Veit das alte Foto mit Blick auf Bad König und Schloss-Ensemble und weiteren Dachsilhouetten des historischen Zentrums, wo Katharina Haase verfasste Damals-Geschichten aus dem vielfältigen Lebens- und Erfahrungsbereich eines Kindes wie  einer Jugendlichen darlegte, angetrieben von den schlechten Zeiten vor den sogenannten Wirtschaftswunderjahren, denn man wurde angehalten, damit man es in der „Alten Schule“ (Schulstraße) nur etwas spürbar warm hatte, „zur Verlängerung der rationierten Kohlevorräte regelmäßig ein Scheit Brennholz zum Unterricht mitzubringen.“

Dem schlossen sich viele weitere Erzählungen von Frau Haase an (Wohnraumbewirtschaftung und Hochzeits-„Druck“, die kalten Wintertage,mit der „Sau“ nach Bad König u.a.). Walter Arndt hatte bei all seinen zeitdokumentarischen Beiträgen – sich vernehmbar ohne Mikrofon äußernd, immer wieder das Schmunzeln, überwiegend auch das herzhafte Lachen der Zuhörerschaft auf seiner Seite, als er bei der Abfolge der „Ewwer-Dorfbilder“ und des Fotos vom Traditionsgasthaus „Wirtkoch“ die Geschichten vom „Iwan“ (Andreas Isko) erzählte, der als Kind mit Soldaten des Ersten Weltkrieges nach dem damaligen König kam und gerade nach dem Zweiten Weltkrieg das Zentrum der touristisch aufstrebenden Kurgemeinde erheiternd belebte. In der zweiten Abendhälfte konnte Arndt, erzählerisch- humorös unterfüttert, sehr anschaulich an Hand des Großen Brunnens (mit dem  zeithistorischen Brunnenbild im Hintergrund) das spätabendliche Ereignis der im „Adamskostüm“ jugendlich Badenden- Arndt inklusive –darstellen und wie eine weißhaarige Dame das aus/hinter einem der Fenster der beiden Häuser beobachtete und auch dem Bürgermeisteramt meldete. In Folge davon- auch weil die obere Buntsandstein-Form am Brunnen sich  durch den jugendlichen Leichtsinn eines jungen Mannes in „Gonzalez-Manier“ löste, gar „zerdepperte“- musste an der Polizeiwache in Höchst angetreten werden: Strafmaß 30 DM-ziemlich hoch in Anbetracht des damaligen Durchschnittslohnes pro Woche/Monat.

Heutzutage zierte eine Laternenlampe die Spitze des Brunnens.

Ilse Süßner – die Inkarnation in Person von Bad Königs Kur- und Fremdenverkehrsmemoiren – brachte aus zeitlichen Gründen in komprimierter Form die Schlüsselereignisse des Kurgeschehens der 1960-er bis anfänglichen  1990-er Jahre dem Auditorium nahe: die hohen Kurgästezahlen, die Trinkgepflogenheiten mit besonderen Kurbechern in der Wandelhalle, die zahlreichen Veranstaltungen mit Tanz-, Unterhaltungs- und Vortragscharakter. Der anwesende Kurt Ziegler war auch ein einstiger Referent („Bad König und seine Landschaften“) gewesen. Ilse Süßner gab ferner die Gesamtanalyse der historischen Kurmetropole des Odenwaldes – arrondiert von atmosphärischen Stimmungsbildern wieder. Da waren die Strukturen der Ärzte/Badeärzte, Fachgeschäfte, Dienstmänner, Kliniken, Beherbungsbetriebe, Gästehäuser, Kurheime, Odenwald-Klinik, Drogerien, Fotogeschäfte, Apotheken ebenso dabei wie die Taxiunternehmen, Eintrittspreise zu den unzähligen Veranstaltungen und auch  die Vorverkaufsstellen in Bad Königer Buchhandlungen und Fachgeschäften. Diesen „Bad König-Geist“ verspürte man gleichfalls ganz und gar in den wundervollen Erzählbereichen von Traudel Urich (Autorin u.a. von „Schwalbenstraße/Gassen-Geschichtenaus Bad König“), die aus der Sicht eines jungen Mädchens vortrug– wobei der Petticoat, Kur und kurweilende Städterinnen auch eine prägende Rolle spielten: Es ist der damalige Zeitgeist im einstigen Bad König (Ende der 1950-er/Anfang der 1960er) den Frau Urich künstlerisch gekonnt „versprühte“- und man konnte hier auch schon die warmen bis heißen Sommertage- unterbrochen durch manches heftige Gewitter in der Nacht/manches Mal auch tagsüber- spüren. Da passte nochmals Walter Arndts Schwimmbad-Story (mit dem „Eisernen Gustav“ und dessen Töchterlein) ergänzend dazu- auch ein wertvoller Beitrag zur „Schwimmbad-Historie“, da das Freibad das – ob auch der Anfänge des Fremdenverkehrs das älteste weit und breit ist. Und was geschah abends in Bad Königs Tanzlokalen oder an den ersten Musikboxen? Da wurde zum  Beispiel Ronnys Kultschlager mehrfach gesungen oder abgespielt: „O my darling, Caroline“. Oder auch „Santo Domingo“ bzw. „Rot ist der Wein“ etc.

Reinhold Nisch las auch noch die lyrischen Lobeshymnen von Karl Schäfer „Mein König“ und Jakob Schäfer „Bad König“ („Schloßmichel“/Buch „Erlauchtes-Erlebtes/Wahrheiten/Gedichte) begleitend vor, als  der kurzweilige „Zeitzeugen-Abend“ mit viel Applaus zu Ende ging. Das Bad Königer „Garde-Lied“,  angestimmt vom anwesenden mehrfachen Chorleiter Ludwig Löb mit Front-Stimmen Walter Arndts, Traudel Urichs sowie eigentlich den gesamten Besucherinnen und Besuchern durfte selbstverständlich an diesem Abend nicht fehlen. Es war ein „Abend ohne Wiederkehr“, denn beim nächsten großen Stadtjubiläum (1300 Jahre Bad König im Jahre 2117) werde andere wieder anderes zu erzählen haben.